Corona-Tagebuch

Month: October 2020

Corona macht blöd

Porträtfoto: Clemens Fabry

Tagebuch 4

Jetzt sind wir alle durch. Der Teenager hat als letztes Familienmitglied aufgegeben und das Virus willkommen geheißen. Seither verlagert er seine sozialen Kontakte auf „Discord“, das ist so in etwa das Facebook für Pubertiere. Dort chattet und telefoniert er mit seinen Freunden bis in die frühen Morgenstunden.

Corona fördert übrigens nicht gerade die Intelligenz. Mir fallen beim Sprechen Wörter nicht ein (beim Schreiben geht das zum Glück leichter). Fragt mich jemand etwas, dann muss ich nachhaken, weil ich gerade mal dem Gesprochenen nicht folgen kann. Und auch sonst vergesse ich so ziemlich alles, was man mir mitteilt. Zuerst habe ich mir Sorgen gemacht. Alzheimer? Demenz? In meinem Alter wäre das doch etwas verfrüht. Jetzt hat sich gezeigt, dass auch die übrigen Familienmitglieder durch die Covid-19-Infektion nicht viver geworden sind. Heute Früh stand der Göttergatte ratlos vor der Kaffeemaschine, die er zwei Minuten vorher eingeschaltet hatte. Er wusste nicht mehr was er eigentlich dort wollte. Kurz darauf meinte der Kleine: „Ich hab da eine Frage“. Ich wartete geduldig, willig diese zu beantworten. Leider ist ihm die Frage nicht mehr eingefallen. Der Teenager, der in Mathe wirklich eine Leuchte ist, scheiterte überhaupt gleich beim 1×1. Die Rechenaufgabe 9×4 bereitete ihm richtiges Kopfzerbrechen. Als der Rest der Familie deswegen schon lachend durch das Wohnzimmer kugelte, hat ihm der Kleine das Ergebnis verraten.

Ein Geschenk ganz lieber Freunde. Ein bisschen Helium ist auch nach fast vier Wochen noch drin.

Das andere Ergebnis hingegen konnte via QR-Code abgerufen werden. Da waren Denken und Intelligenz glücklicherweise nicht gefragt. Es handelt sich um den zweiten Corona-Test des Teenagers innerhalb weniger Tage – wieder positiv. Seit kurzem wird der sogenannte CT-Wert, der die Virenlast angibt, mitgeliefert. Der Wert ist leider gesunken – von 33 auf 30. Nicht wirklich dramatisch, weil beide Werte grenzwertig sind. Wäre der CT-Wert allerdings gestiegen, hätte das bestimmt seine Quarantäne verkürzt. Auch müsste jetzt nicht ein Teil seiner Klasse (nämlich nur die Schülerinnen und Schüler aus Niederösterreich, jene aus Wien sind offenbar weniger gefährdet sich zu infizieren…) in die Teststraße fahren. Die hatten bestimmt auch andere Pläne in den Herbstferien.

In Sachen „Contact Tracing“ haben wir inzwischen reichlich Erfahrung gesammelt. Die Telefonnummer der Schuldirektorin ist im Mobiltelefon eingespeichert. Der Elternvertreter wurde sofort informiert. Abgesehen von seinen Schulkolleginnen und Schulkollegen hatte der Große in den vergangenen Wochen ohnehin keinen engen Kontakt mit Menschen außerhalt seiner Familie. Zwischen Quarantäne und neuerlicher Quarantäne war er kaum in der Schule und auch da sozial nicht sehr aktiv. Der Kleine hingegen hat nach seinem positiven Test gleich die ganze Klasse (22 Kinder) inklusive Lehrpersonal und die gesamte Fußballmannschaft (an die 25 Kinder) mit den Trainern in Quarantäne geschickt. Sogar die halbe Nachbarschaft stand unter Hausarrest, weil er in den Tagen vor dem Test neben der einen Nachbarin gekocht und mit den anderen Nachbarn zum Sport gefahren ist.

Der Teenager steht nicht so sehr auf Quarantäne. Er empfindet sie als sinnlose Zumutung. Dass dieser Corona-Hausarrest auch wirklich überprüft wird, hat das Pubertier heute aber persönlich feststellen müssen. Gegen Mittag läutete es. Das kommt derzeit nicht so oft vor, denn freiwillig will uns irgendwie niemand besuchen. Jedenfalls standen zwei Polizisten mit FFP2-Maske vor unserem Gartentor und wollten den Teenager sehen. Als dieser sein Gesicht durch die Haustür steckte, waren sie auch schon wieder weg. Dabei wollte ich den beiden gerade noch einen Kaffee anbieten.

Sehnsüchtig habe ich heute auf die Post gewartet. Ein Kuvert mit Globuli sollte doch bei mir eintreffen. Wunschdenken! Nix da. Der Liebste meinte glatt, die Drogenpolizei hätte die Postsendung beschlagnahmt. Denn diese homöopathischen Arzneimittel kommen bestimmt direkt aus dem Darknet. Ja eh…

Jetzt hat mir der Göttergatte gerade mit dünner Stimme aus dem Krankenbett zugerufen. Er wartet nämlich seit einer Stunde auf seinen Kräutertee. Sorry, vergessen… Ich glaube, Corona macht blöd.


Einmal Corona zum Geburtstag

Corona-Tagebuch 3

 „Happy Birthday to you, happy Birthday…” – wir haben es diesmal nicht gesungen. Obwohl der Teenager heute 15 geworden ist. Seinen Geburtstag hat er sich irgendwie anders vorgestellt. Mit Freunden ins Kino, anschließend was essen, quatschen – natürlich mit Sicherheitsabstand. Daraus ist nichts geworden. Der Teenager – das bislang letzte corona-negative Familienmitglied – ist nämlich wieder einmal in Quarantäne. Daher hat er sich in sein Zimmer zurückgezogen und ist noch näher mit seinem Handy zusammengewachsen als er ohnehin schon war.

Völlig unbeschwert, symptom- und beschwerdefrei bewegt sich hingegen der Kleine durch sein Leben. Jenes Kind, das immer, wenn ein Virus vor ihm herumschwirrt, „hurra“ schreit und es voller Freude in seinem Körper aufnimmt, darf in die Schule, spielt Fußball und verlangt von uns Verständnis. Nicht, dass wir dem Kleinen einen Vorwurf machen, weil er uns Corona nachhause gebracht hat, aber ein bisschen mitfühlend könnte er schon sein. Immerhin hat er es geschafft, seine Krankheits-Historie innerhalb von nur acht Monaten um eine richtige Influenza und Covid-19 zu erweitern. Der Kleine ist ja sehr versiert in solchen Dingen. Ich kenne kein Kleinkind außer ihm, das mit sieben Monaten eine Salmonellen-Infektion hatte. In Sachen Viren ist der Blondschopf ohnehin Kaiser. Bereits mit vier Monaten hatte er Feuchtblattern. Ein Jahr darauf wieder. Da waren sogar die Ärzte im Krankenhaus St. Pölten baff, denn gegen die sogenannten Varizellen ist man eigentlich nach einer einzigen Infektion immun. Nicht unsere Virenschleuder. Der inzwischen 11-jährige hat diesen Keim dann noch einmal aufkeimen lassen – in Form einer Gürtelrose. Tja, die Liebe zu Viren war bei unserem Blondschopf schon in sehr jungen Jahren sehr ausgeprägt. Wir haben daher für ihn bereits eine doppelte Dosis Grippe-Impfung (only joking) geordert. Just to be save.

Ich hab Viren so gern…

Wenigstens wechselt der Göttergatte inzwischen nur noch einmal täglich den Pyjama und auch dem Fieberthermometer gönnt er gewisse Ruhepausen. Außerdem verlangt er mit einer beeindruckenden Vehemenz nach Bier. Auf Rat einer Freundin wollte ich ihm das gewünschte Gebräu erwärmen und mit Honig versüßen. Das soll nämlich eine heilende Wirkung haben. Wäre er in einem etwas besseren Zustand gewesen, hätte er glatt die Scheidung eingereicht.

Fast drei Wochen nach meinem positiven Covid-19-Testergebnis machen mir Muskel- und Gliederschmerzen immer noch Probleme. Jetzt ist aber Hilfe unterwegs – via Post. Meine oberösterreichische Freundin schickt mir „Bryonia“ und „Eupatorium perfoliatum“. Das wird meine Beschwerden in Null-Komma-Josef lindern. Ganz bestimmt. Globuli wirken bei mir nämlich innerhalb von nur zehn Minuten. Ehrlich! Vor etwa 20 Jahren war ich mit besagter Freundin in Kroatien auf einem Tauchboot. Grün und Blau im Gesicht mit flauem Magen war an den bevorstehenden Tauchgang nicht mehr zu denken. Meine Seekrankheit hatte wieder einmal zugeschlagen. Doch dann packte die Homöopathie-Frau-Doktor ihre Zuckerkügelchen aus. Aufgrund meines Zustandes konnte sie mir die Medizin auch problemlos unterjubeln. Wie durch ein Wunder ward ich kurz darauf genesen. Vorher und nachher habe ich das mit Arsen oder Gift aus der Tollkirsche versehene Zeug immer verweigert. Bachblüten, Globuli oder Schüßler-Salze sind ja nicht so meins. Aber jetzt werden mir die Zuckerkügelchen helfen. Diesmal gebe ich ihnen sogar 20 Minuten Zeit, um ihre heilende Wirkung zu entfalten.

Ein bisschen haben wir dann heute doch noch Geburtstag gefeiert. Wegen Corona und der Baustelle fand die Mini-Party auf unserer Terrasse statt. Nach Sushi aus der Plastik-Box gab es Tiramisu von der Nachbarin. Der Teenager war überglücklich über seine E-Gitarre und den Gutschein des Wahl-Opas für eine neue Sport-Ausrüstung. Am Abend kam via E-Mail noch ein Überraschungs-Geschenk: Der positive Covid-Bescheid für den frisch gebackenen 15-jährigen. „Happy Birthday toooooo youuuuu“.

Ruhe in Frieden…

Corona-Tagebuch 2

Eigentlich sollte unser Familienleben wieder zur gewohnten Realität zurückkehren. Dann kam der Bumerang – in Form von Corona.

Gerade habe ich meinem Göttergatten, den seit zwei Tagen Fieberschübe plagen, ein Heißgetränk zubereitet. Auf dem einzig brauchbaren Tee-Beutel, den ich in unserer Küche gefunden habe, steht „Finde Frieden“. Wie kann man Tee nur so nennen? Das klingt wie „Ruhe in Frieden“. Ich hatte jetzt wirklich Skrupel, einem Covid-19-Erkrankten mit mittelschweren Atembeschwerden, grauenhaftem Husten und einer Körpertemperatur von annähernd 40 Grad Celsius ein Getränk mit diesem Namen anzubieten. Auch wenn er seit seinen Fieberschüben etwas schwierig ist, möchte ich ihn noch gern länger behalten. „Finde Frieden“, oder vielleicht „R.I.P“? – was hat sich der Waldviertler Bio-Pionier da eigentlich gedacht?

Finde Frieden…

Spätestens mit Beginn der Herbstferien wollten wir unsere Corona-WG beenden. Nachdem das Corona-Kind vergangene Woche von der Behörde gesundgeschrieben wurde, hob das bei allen Familienmitgliedern die Stimmung enorm. Tags darauf durfte der ohnehin nie erkrankte Teenager das Haus erstmals wieder verlassen und noch einen Tag später wurde ich für gesund erklärt. Einzig der Göttergatte musste weitere 10 Tage in Quarantäne bleiben und das trotz zweier negativer Covid-Tests – nach meiner Genesung und der des Kleinen.

Doch dann plötzlich erklärte mir der Liebste, dass ihm sowas von kalt ist. Er friert eigentlich so gut wie nie. Als er dann mit dickem Wollpullover bibbernd nach einem Fieberthermometer suchte, war ich schon etwas besorgt. Männerschnupfen oder so kennt der Göttergatte nämlich nicht. Seit wir uns kennen – das sind in etwa 17 Jahre – war er ein einziges Mal krank. Damals behauptete er, es handle sich um eine leichte Angina. Als er dann nicht mehr sprechen konnte, schickte ich ihn gegen seinen Willen zum Arzt. Drei Minuten nach seiner Rückkehr bremste sich das Rettungsauto des Samariterbundes vor unserer Haustüre ein und brachte den Liebsten in das Krankenhaus St. Pölten. Dort lag er zwei Stunden später unter dem Messer. Abszess auf der Mandel – Erstickungsgefahr.

Obwohl sich der Göttergatte rein theoretisch derzeit weder bei mir noch bei unserem Kleinen hat anstecken können, ist der heutige Corona-Test positiv. Während mein Immunsystem sofort sein „ok“ für die Infektion gegeben hat, setzte sich mein Mann fast zwei Wochen erfolgreich gegen das Virus zur Wehr. Ich vermute ja, dass es bereits länger in ihm geschlummert ist. Erst jetzt konnte es sich so richtig entfalten. Seither plagen ihn neben den hohen Körpertemperaturen auch Atembeschwerden, Kopfschmerzen und der Verlust des Geschmackssinns. Bettwäsche und Pyjama sind nach überstandener Nacht nass wie eine Baby-Windel. Die Bitte nach Bier habe ich übrigens mit dem Argument „Das ist Verschwendung, du kannst es ohnehin nicht von Wasser unterscheiden“ abgeschmettert. Seither schmollt er während und mit seinen Schweißausbrüchen.

Der Zeitpunkt des Corona-Ausbruchs ist denkbar schlecht. Nachdem die Baustelle im Haus aufgrund unserer Corona-Infektionen kurz Pause machen musste, sind vor drei Tagen die Bauarbeiter gekommen und haben den großen Aufenthaltsraum – nämlich Küche, Wohn- und Esszimmer zerstört. Der alte Boden wurde rausgerissen, jene Möbel, die noch nicht verkauft worden sind, wanderten auf die Terrasse (neue haben wir bereits vor den positiven Corona-Zeiten geordert) und die Lichtschalter wurden abmontiert. Heute und morgen können wir die Räumlichkeiten also nicht betreten. Auch unsere Stiege wurde zur Renovierung abmontiert. Das ist abgesehen vom gestrigen Corona-Test meines Mannes ein weiteres positives Ereignis. Treppen zählen derzeit ohnehin nicht zu meinen Highlights. Drei bis vier Stufen und ich fühle mich wie eine Extrembergsteigerin kurz vor dem Gipfel. Abgesehen davon mag meine Lunge nicht, dass ich mich anstrenge. Jeder Ketten-Raucher würde mein Röcheln wahrscheinlich mit großem Mitleid wahrnehmen und mir eine Zigarette anbieten, weil es „eh schon wurscht ist“.

In der Küche und im Wohnzimmer wird der Boden neu verlegt

Was wir bisher nicht wussten: Auch ein Badezimmer ist vielseitig benutzbar. Heute früh fungierte es als Büro. Mein Laptop ist mit mir inklusive Morgen-Kaffee und Schmerztablette in die Nasszelle übersiedelt. Die Badewanne lässt sich übrigens hervorragend als Bürosessel zweckentfremden. Am Abend saß dann der Kleine darauf und verdrückte die Pizzareste von Mittag. Ein Küchen-Kasten musste als Esstisch herhalten.

Der Teenager haust ohnehin schon seit fast drei Wochen im Untergeschoss. Seit die Stiege weg ist, sehen wir ihn überhaupt nicht mehr. Die Stimmung im gemeinsamen Haushalt hat heute den absoluten Tiefpunkt erreicht. Die Aussicht auf noch mindestens 20 Tage Quarantäne, anstelle von Wandern, Radfahren und Wein trinken in der Südsteiermark während der Herbstferien, sorgt nicht gerade für gute Stimmung. Hoffentlich können wir den Kräuter-Tee bald gegen Freiheit eintauschen? „Ruhe in Frieden“ liebes Corona, R.I.P Quarantäne. Träumen darf man ja wohl noch.

Der Gitarre-Lehrer war’s!

Corona-Tagebuch 1

Ich habe Corona. Die Seuche ist da, in mir und auch in einem Teil meiner Familie. Mein 11-jähriger hat sie vom Gitarre-Unterricht nachhause gebracht. Der Große nimmt zwar beim gleichen Lehrer Unterricht, er aber blieb verschont. Warum? Gutes Immunsystem würden so manche sagen. Das mag schon sein. Doch er und sein Vater (der übrigens auch nicht infiziert wurde) sind jene Familienmitglieder, die seit dem Frühling Probleme mit der Lunge haben. Beide sind Allergiker. Tolles Immunsystem…

Das Zusammenleben als Familie ist etwas anstrengend, wenn zwei zu den „Positiven“ und zwei zu den „Negativen“ gehören. Die „Negativen“ wohnen jetzt im Keller oder besser im Untergeschoss. Falls die beiden sich in das Obergeschoss zu uns „Positiven“ wagen, dann nur mit FFP2-Maske. Der Teenager nimmt seine Absonderung, wie die Behörde die Quarantäne nennt, besonders ernst. Er isst freiwillig im Stehen auf dem Balkon, damit er uns Infizierten nicht zu nahekommt.

Auf unserem Esstisch stehen Desinfektionsmittel und ein Blumenstrauß. Letzteren haben mir meine Arbeitskolleginnen und Kollegen liebenswerterweise zukommen lassen. Auf dem Kasten neben dem Esstisch liegen unsere Corona-Tagebücher. Wer jetzt erwartet, dass es da einen Überblick unseres Tagesablaufs nachzulesen gibt, irrt. Auf Anweisung der Behörde müssen wir täglich zweimal Fieber messen. Zusätzlich gibt es ein Kästchen für die Befindlichkeiten. Da steht dann wie der Tag so gelaufen ist. Husten – ja oder nein? Halsschmerzen – ja oder nein? Kurzatmigkeit – ja oder nein. Die Gesundschreibung der Kranken hängt von diesem Tagebuch ab. Die Informationen gehen dann via E-Mail an den Amtsarzt und an Prinz Philipp. Letzterer hat mir übrigens auch den Bescheid meiner Covid-19-Infektion zugestellt. Etwas hart sind die britischen Royals schon, wenn sie einen 99-jährigen bei der BH St. Pölten arbeiten lassen. Zählt der nicht zur Risiko-Gruppe?

Zum Tagesablauf gehört auch regelmäßiges Händewaschen. Die Handseife im Badezimmer neigt sich dem bitteren Ende zu. Meine Hände sind bereits so rau, dass ich die Küchen-Reibe bald bei „Willhaben“ einstellen kann. Das ist aber das geringste Problem.

Während der Kleine mal einen Nachmittag etwas schlapp war und mit leicht erhöhter Temperatur früh ins Bett gegangen ist, hat das Virus bei mir heftiger eingeschlagen. Dabei würden Mediziner bestimmt von einem „milden Verlauf“ sprechen. Dennoch sind auch die eher harmlosen Symptome „gar nicht lustig“, wie der Teenager das vor etwa 10 Jahren bezeichnet hätte.

Ich habe ununterbrochen Kopfschmerzen. Mein Körper fühlt sich an, als hätte ich einen Marathon bestritten. Luft bekomme ich auch wenig, wenngleich das vermutlich weniger von der Lunge kommt als von der verstopften Nase, die wiederum Folge des ständigen Lüftens ist. Einmal täglich spielt mein Bauch verrückt. Da krampft sich innerlich alles zusammen, als würden gleich die Wehen einsetzen. Meine Laune war auch schon mal besser – zumal die Vorstellung ein Virus im Körper zu haben, von dem nicht einmal Wissenschaftler allzu viel wissen, eher apokalyptisch als beruhigend ist. Ach, ja meine Augen jucken übrigens auch. Gar nicht lustig!

Das erste mal wieder für kurze Zeit auf den Beinen

Entspannung im Bett? Fehlalarm! Der Kleine macht im selben Zimmer Homeschooling. Das bedeutet, dass er von mir Expertise in Englisch, Biologie, Deutsch und Geografie erwartet. Bei Mathematik marschiert er mit seiner FFP2-Maske ins Untergeschoss zu seinem Vater. Dort sperrt sich dann der Teenager kreischend in sein Zimmer ein, weil die Seuche naht. Mein Mann erklärt dem Kleinen hinter der medizinischen Burka mit stoischer Ruhe das „kleinste gemeinsame Vielfache“ und andere Ausdrücke der hohen Mathematik, die auch ohne Covid-19-Infektion für mich wie ein Auszug der chinesischen Sprache klingen.

Gabriel und Franz beim Mathematik-Homeschooling

Abgesehen davon will der Kleine raus. Er macht Salti im Trampolin und er fährt unerlaubterweise mit dem Stunt-Scooter auf der Straße vor unserem Haus herum. Ich muss ihn immer wieder davon überzeugen, nur in Sichtweite zu bleiben. Funktioniert hervorragend. Ebenso toll klappt das Rücksicht nehmen. „Mama, backen wir heute einen Kuchen?“ „Mama, darf ich Fußball schauen?“ „Klar, meine Netflix-Serie ist ohnehin langweilig“. In der Fußball-Pause hört er Amy Winehouse. Der geht es viel schlechter als mir. Ihr Gesang ertönt nur noch aus unserer Alexa. Ich hingegen habe jetzt diesen Text geschrieben. Ob das Glas Gin Tonic, das mir dabei geholfen hat, meinen Beschwerden hilfreich entgegenkommt, wird sich dann morgen zeigen.

Habe ich eigentlich schon erwähnt, dass der Gitarre-Lehrer inzwischen gesund ist? Er unterrichtet wieder in der Schule – meine Kinder lernen das Zupfen der Saiten jetzt via Handy.

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